Donnerstag, 18. April 2024

Bericht im BT / Ajour

 



Genau gezielt ist halb getroffen. Quelle: Dominik Rickli

Schiessen

Warum die Ausländer beim Blick in die Seeländer Schützenhäuser staunen

Der Schweizer Schiesssportverband mit seinen 2600 lokalen Vereinen feiert im August das 200-jährige Bestehen. Im Seeland stehen die Türen von 28 Schützenhäusern offen.

Markus Dähler         25.4.2024, 06:03 Uhr

Mit einem dreitägigen Fest feiert der Schweizer Schiesssportverband im August in Aarau seinen 200. Geburtstag. Zum Jubiläum erhoffen sich die rund 130 000 Schützinnen und Schützen, die Mitglied im Verband sind, eine Rekordbeteiligung am Eidgenössischen Feldschiessen im Mai und in diesen Tagen viel Interesse beim Tag der offenen Schützenhäuser, der zweimal stattfindet (13. und 20. April).

Mit mehr als 2600 Vereinen von Gewehr-, Kleinkaliber- und Pistolenschützen stehen die Schützen schweizweit knapp hinter dem Turnverband an zweiter Stelle. Die meisten Mitglieder betreiben ihren Sport im lokalen Schützenhaus oder in einer zentralen Schiessanlage. Am Samstag haben im Seeland die ersten 14 Schützenvereine das Publikum zum Besuch eingeladen.


Viel Publikum oberhalb von Bözingen

Oberhalb von Bözingen hatten die Bieler Polizei-Bergschützen sowohl im Gewehr- als auch im Pistolenschützenhaus regen Besuch. Im 300-Meter-Gewehrstand liessen sich Freunde und eine ganze Familie in die Kunst des Schiesssports einweihen.

Weil in Magglingen im nationalen Leistungszentrum der Schützen auch die Olympiasiegerin Nina Christen und die Weltmeisterin Anja Senti wohnen und trainieren, sind die Besuchenden auf den Sport aufmerksam geworden. «Sogar der Fotograf liess sich zu einer Kostprobe motivieren», sagte Schützenmeister René Eschmann am Abend schmunzelnd.

Ein spontaner Vereinseintritt

Auch Edi Kerschbaumer als Seeländer Schützenpräsident berichtete zufrieden von vielen spannenden Gesprächen und gar einem spontanen Vereinseintritt. Gerade Gäste mit Wurzeln im Ausland wären immer wieder erstaunt über das Vertrauen der Regierung in ihre Bürgerinnen und Bürger.

«Ich habe hier vernommen, dass die Schweizer seit 700 Jahren ihre eigenen Waffen und Gewehre beschaffen und sogar daheim aufbewahren. Im benachbarten Ausland wäre das unvorstellbar», sagte ein Gast aus dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg. Dabei durfte auch er hier – anders als beim Feldschiessen – sein Talent aktiv testen. Ende Mai beim Feldschiessen sind Migrantinnen und Migranten ausschliesslich mit einer Bewilligung zugelassen und erhalten die Munition gratis zur Verfügung gestellt.

Blick nach Diessbach

Am 20. April werden weitere 14 Schützenhäuser ihre Türen öffnen. Die Veranstaltungen sind auf der Website des Seeländischen Schiesssportverbandes aufgelistet.


Die Ankündigungen an den Plakatwänden lassen insbesondere in Diessbach ein Volksfest erwarten. Von 9 bis 16 Uhr geben die Diessbacher Einblick in den Jungschützenkurs, einem der erfolgreichsten im Kanton. Auch die Aktivschützen trainieren für die Gruppenmeisterschaft oder auf der B4-Scheibe für das Feldschiessen. Die Schützenmeister stehen gerne Rede und Antwort zu allen Fragen rund um den Schiesssport in allen Disziplinen.

Dank des betreuten Schiessens für die Besuchenden und der Rangverkündigung am Abend hoffen die Organisatoren um Präsident René Häni auf viel Betrieb in der Festwirtschaft.

Auch in den anderen Schützenhäusern gibt es mehr als nur einen Einblick zu erleben. Einfache Einführungen mit den Schützenmeistern stehen ebenso auf dem Programm wie Informationen und die Pflege der Geselligkeit in der Schützenstube. «Wir können am Samstag mit dem Sturmgewehr 90 als Leihgewehr die Pflege und die Besonderheiten dieses Sportgeräts im Unterschied zum bisher benutzen Karabiner wiederholen», sagt Simon Heuer mit Blick auf seinen ersten präsidialen Einsatz im Studener Keltenweg.

Augen schliessen, Rauchen verboten

«Im Schützenhaus hat die Sicherheit jederzeit und überall erste Priorität», wiederholen die Jungschützenleiterinnen und Schützenmeister den wichtigsten Leitgedanken. Das gilt natürlich auch am Tag der offenen Schützenhäuser.


Mit einem Schmunzeln nimmt die heutige Sportlergeneration zur Kenntnis, dass vor 200 Jahren beim ersten Eidgenössischen Schützenfest in Aarau beim Laden der Vorderlader-Gewehre mit Schwarzpulver das Rauchen nach etlichen Unfällen verboten wurde. Auch hätten, so wird berichtet, die Schützen zum Schutz gegen die Stichflamme am Steinschloss, dem Auslösemechanismus der Waffe, die Augen beim Abfeuern geschlossen.

Stolz sind die aktiven Verbandsmitglieder darauf, dass ihre Gründer mit dem liberalen Engagement vor 200 Jahren heute als Wegbereiter der modernen Schweiz anerkannt sind. Und noch mehr freuen sich darüber, wenn ihr Bemühen um Sicherheit in den Suva-Statistiken ihren Niederschlag als unfallfreie Sportart findet. Dazu gelten die Präzision von Auge und die koordinierte Feinmotorik am Abzug, die mentale Stärke samt Konzentrationsfähigkeit und die Impulskontrolle gepaart mit Fitness bis ins hohe Alter als Gütesiegel des Schiesssports.

Info: Alle Anlässe unter https://seelandschuetzen.ch, alle Infos zur Jubiläumsfeier unter https://ssv200.ch

ganzer Text mit vielen Bildern unter Ajour - Bieler Tagblatt